© sasel77 fotolia.com

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Wenige Tage nach der Lehman Pleite. Ich bin Vertriebsdirektorin einer Investmentgesellschaft und als Referentin zu einem internen Vortrag bei einer Sparkasse eingeladen. Was als normales Berater-Meeting beginnt, geht schnell in eine Raubtierfütterung über, die mich in diesem Moment völlig auf dem falschen Fuß erwischt. Da wird Frust abgelassen, kritisiert und persönlich angegriffen wie ich es noch nie erlebt habe. Am Ende der Veranstaltung bin ich so durch den Wind, dass ich auf dem Parkplatz ein anderes Auto anfahre … das einzige, das außer meinem noch dort steht.

Was für ein fürchterlicher Abend! Gott sei Dank sind solche Extremsituationen sehr selten, aber es gibt sie: streikende Technik, miese Stimmung oder – wie in meinem Fall – aufgebrachte Zuhörer. Nicht zu vergessen den persönlichen Blackout, der uns den Faden verlieren lässt oder schlimmstenfalls das Gehirn „auslöscht“.

Das kratzt am Selbstvertrauen

Ganz gleich, warum der Auftritt in die Hose gegangen ist, das Ergebnis ist immer dasselbe: Sie fühlen sich elend. Das Selbstbewusstsein hat blaue Flecken abbekommen. In Supergau-Momenten beschleicht einen schon mal der Gedanke, versagt zu haben und einfach nicht zum Redner geboren zu sein. Autsch!

Jetzt ist Hilfe zur Selbsthilfe angesagt. Zum einen, um eine negative Gedankenspirale zu vermeiden, die Sie nur noch weiter runterzieht. Zum anderen, um die vermeintliche Niederlage möglichst rasch zu verarbeiten und ad acta zu legen. Das bringt Ihnen nicht nur Ihr Lachen zurück, sondern lässt Sie sicher und mit freiem Kopf in Ihren nächsten Auftritt starten.

So können Sie sich selbst „verarzten“ und die angeknackste Rednerseele reparieren:

Schaffen Sie erst einmal Abstand. Nach einem verpatzten Vortrag sind Sie vermutlich ziemlich aufgewühlt. In diesen Momenten neigen wir dazu, uns selbst zu zerfleischen. Stopp! Das bringt Sie nicht weiter. Tun Sie sich jetzt lieber ganz bewusst etwas Gutes: Ob es der Spaziergang an der frischen Luft ist, ein gemütliches Glas Wein mit dem Partner, ein Telefonat mit einer Freundin oder … Sie entscheiden, was Sie in diesem Augenblick brauchen, um runterzukommen und sich zu sortieren. Manchmal reicht es auch, eine Nacht darüber zu schlafen. So legen sich die Emotionen und am nächsten Morgen sieht die Welt dann schon ganz anders aus.

Analysieren Sie, was passiert ist. Haben sich die ersten Wogen geglättet, ist es Zeit für eine konstruktive Manöverkritik. Hier gilt: „Weg von den Emotionen hin zur Sache.“ Schauen Sie genau, was bei Ihrem Vortrag funktioniert hat und welche Dinge schiefgegangen sind. Und bitte glauben Sie mir: Es war nie alles Mist, auch wenn Ihr Gehirn gerade versucht, Ihnen das einzureden.

Am besten machen Sie diese Aufstellung schriftlich, denn so bekommen Sie schnell ein verlässliches Bild von Ihrem Auftritt. Das hilft Ihnen zu verstehen, warum es so gelaufen ist, wie es gelaufen ist. Außerdem schärft diese Liste den Blick für Dinge, die sich bewährt haben und liefert Ihnen wertvolle Ansatzpunkte, was Sie beim nächsten Mal anders anpacken können.

Es fällt Ihnen schwer, Ihren Auftritt neutral unter die Lupe zu nehmen? Vielleicht gibt es einen wohlmeinenden Kollegen, der Ihre Präsentation erlebt hat und Ihnen hier unter die Arme greifen kann.

Bleiben Sie realistisch. Fehler passieren. Und dass man dann schon mal mit sich hadert, ist völlig normal. Manchmal gehen wir aber in diesen Momenten mit uns selbst viel strenger ins Gericht, als wir es jemals mit einem guten Freund tun würden. Da sich so ganz schnell ein inneres Drama zusammenbraut, schauen Sie doch bitte genau hin: Welche Konsequenzen hat der missglückte Auftritt denn tatsächlich?

Zunächst einmal bekommt das Publikum in den meisten Fällen nur einen Bruchteil Ihrer Misere mit und wird demnach vielen Patzern keine echte Bedeutung beimessen. Doch selbst wenn erkennbar etwas danebengegangen ist, hat dies in den allermeisten Fällen keine existenziellen Auswirkungen (auch wenn es sich manchmal anders anfühlt). Vielleicht schließt der Kunde im schlimmsten Fall das Geschäft bei einem anderen Anbieter ab. Möglicherweise wird Ihr Chef auch nicht gerade begeisterte Luftsprünge machen. Nach der ersten Aufregung, heißt es allerdings normalerweise „business as usual“ … und Sie bekommen eine neue Chance. Bitte machen Sie sich also das Leben nicht unnötig schwer.

Weiter geht’s. Nach einem unerfreulichen Auftritt ist der erste Impuls häufig: Nie wieder! Sie würden sich am liebsten ein für alle Mal von der Bühne verabschieden und das Reden anderen überlassen? Bitte tun Sie das nicht. Hat sich so eine Vermeidungshaltung erst einmal richtig eingenistet, wird es immer schwerer, den Schritt vor das Publikum zu wagen. Deshalb gilt es nun, Kampfgeist zu entwickeln und nach vorne zu schauen.

Fehler sind erlaubt und helfen Ihnen, sich weiterzuentwickeln. Lassen Sie sich diese Möglichkeit nicht entgehen. Und falls sich nur düstere Gedanken in Ihrem Kopf breit machen, versuchen Sie doch ganz bewusst, sich auf die guten Redeaugenblicke zu besinnen: Ein Kundengespräch, bei dem Sie überzeugt haben. Ein Team-Meeting, in dem Sie mit Ihrer Idee gepunktet haben. Die Diskussion mit einer Führungkraft, in der Sie Ihre Meinung vertreten haben. So holen Sie sich das positive Bauchgefühl zurück und können mutiger in Ihren nächsten Vortrag starten.

Ein verpatzter Auftritt ist erst einmal Gift für die Rednerseele und unser Selbstbewusstsein. Sie haben allerdings die Chance, daran zu wachsen. Nämlich dann, wenn Sie sich konstruktiv damit beschäftigen, ohne sich zu zerfleischen oder im Selbstmitleid zu versinken. Und bitte denken Sie daran: Die Zeit spielt für Sie! Mit ein bisschen Abstand können wir häufig sogar über die vermurkste Situation schmunzeln und vielleicht haben Sie ja auch eine neue Anekdote für Ihren nächsten Vortrag.