© Andrea Joost

© Andrea Joost

Ich war in den Bergen – eine Woche auf dem Stubaier Höhenweg, von Hütte zu Hütte, nur ich und mein Rucksack. Es waren wunderbare Tage mit kitschig-schönen Sonnenaufgängen, atemberaubenden Aussichten, Murmeltierbegegnungen, tollen Weggefährten und vielen endorphingeschwängerten Momenten. Trotzdem gab es zwischendurch Augenblicke, in denen ich am liebsten alles hingeschmissen hätte.

Gerade diese fordernden Situationen waren jedoch wertvoll, haben sie mir doch ganz klar gezeigt: Es ist mein Kopf, der über Wanderlust oder Wanderfrust entscheidet.

Dabei hat der Berg mich drei Dinge spüren lassen, die nicht nur fürs Wandern gelten, sondern sich auch 1:1 aufs Reden übertragen lassen:

1.) Lass Dich nicht von Deinem Umfeld kirre machen!

Kaum auf der ersten Hütte angekommen, fällt mein Blick auf einen Aushang: „Die aktuelle Beschaffenheit des Weges erfordert höchste Aufmerksamkeit, absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit!“ Obwohl ich schon seit meiner Kindheit in den Bergen unterwegs bin, verunsichern mich die warnenden Zeilen. Als ich dann auch noch via Flurfunk erfahre, dass erst vor wenigen Tagen ein Wanderer tödlich verunglückt ist – hmpf! Mit gedämpfter Euphorie laufe ich am nächsten Morgen los … und erlebe einen Bergtag, wie er schöner nicht sein könnte. Bei besten Wegverhältnissen. Die ganze Aufregung war umsonst.

fullsizerender-5Hand aufs Herz, wie oft kommt es vor, dass Sie mit gemischten Gefühlen in einen Auftritt starten, weil Sie von Dritten einen Tipp bekommen haben, der zwar gut gemeint ist, Sie aber irritiert. Zum Beispiel, dass eine besonders anspruchsvolle Zuhörerschaft auf Sie wartet. Dass Sie sich bestimmte Aussagen lieber verkneifen sollen oder gewisse Teilnehmerübungen unmöglich bringen können. Natürlich sind Hinweise von außen wertvoll und nützlich, aber bitte lassen Sie sich nicht verrückt machen. Bereiten Sie sich vor, stellen Sie sich auf die jeweilige Situation ein und setzen Sie dann auf Ihre eigenen Erfahrungen. Wenn Sie sich selbst vertrauen, schonen Sie nicht nur im Vorfeld Ihre Nerven, sondern stehen auch wesentlich entspannter auf der Bühne.

2.) Die Vergleicherei mit anderen bringt nichts, außer schlechter Laune!

Es geht steil bergauf. Sehr steil. Die von Moos überzogenen Felsplatten sind glatt, so dass ich bei jedem Schritt aufpassen muss. Ich kämpfe ohnehin schon mit mir, den 12 kg auf meinem Rücken und meinem inneren Schweinehund, als plötzlich zwei junge Frauen in einem Affenzahn an mir vorbeihüpfen. Locker plaudernd. Neben den beiden Mensch gewordenen Gämsen komme ich mir wie eine lahme Ente vor. Jetzt ist es um meine Laune endgültig geschehen.

fullsizerender-6Kennen Sie die Augenblicke, in denen Sie kein gutes Haar mehr an sich lassen, weil andere Redner aus Ihrer Sicht viel humorvoller, prägnanter, mitreißender, klarer oder … sind? Aus einer grundsätzlich sinnvollen Analyse wird ungesunde Vergleicherei à la „So ein toller Redner wie xy wäre ich auch gerne!“. Sie stellen den anderen auf ein Podest, machen sich selbst klein und kommen nicht selten zu der Schlussfolgerung „So gut kann ich das nie!“. Dass das nichts bringt und nur Kraft raubt, liegt auf der Hand. Deshalb besinnen Sie sich lieber auf Ihre eigenen Stärken und vergleichen Sie sich bitte höchstens mit sich selbst.

3.) Unterschätze nicht die Macht Deiner inneren Dialoge!

Seit mehreren Stunden stapfe ich durch dichten Nebel und Nieselregen. Eigentlich müsste ich den Gipfel gleich erreicht haben. Da entdecke ich Markierungen, die weiter nach oben führen. „Was für ein Sch …!“, „Was tue ich hier eigentlich?“, „Morgen steige ich ab und fahre nach Hause!“ – das sind die Gedanken, die mir durch den Kopf schießen. Mein Körper reagiert sofort. Bei so viel negativem Kopfkino ist es kein Wunder, dass die Energie direkt aus meinen Beinen schwindet.

fullsizerender-4Immer wieder erlebe ich Redner, die sich vor Ihrem Auftritt förmlich selbst zerstören: „Ich bin nicht so gut vorbereitet!“, „Das wird jetzt nix!“, „Damit kennen sich andere besser aus!“, „Ich weiß, dass ich das nicht kann!“ Bitte machen Sie das nicht. Damit schwächen Sie sich und Ihren Körper. Die selbsterfüllende Prophezeiung lässt dann oft nicht lange auf sich warten. Auch wenn positive Gedanken manchmal ganz weit weg scheinen, macht es Sinn, sich in diesen Stressmomenten auf das zu konzentrieren, was Sie gut können und was Sie schon erreicht haben. So betreten Sie die Bühne mit viel mehr Power, haben mehr Freude an Ihrem Auftritt und werden überzeugender wirken.

Ob wir mit Leichtigkeit vorankommen oder der Weg zur Quälerei wird, hängt also davon ab, wohin wir unsere Aufmerksamkeit lenken. Wir haben es selbst in der Hand!