© Gerald Zussner

Ein Montagmorgen im August. Ich habe einen Heidenrespekt vor dem „Schwebebalken“ auf knapp 3.800 m Höhe, den ich gleich überqueren darf, um vom Kleinglockner auf den Großglockner zu kommen. Herrje, was erwartet mich da bloß? Mein gruseliges Kopfkino wird angekurbelt durch diverse wilde Wegbeschreibungen und YouTube-Videos, die ich mir in den Wochen vor der Tour reingezogen habe. Als wir die Stelle erreichen, hat sich schon ein kleiner Stau gebildet, der unseren Bergführer allerdings wenig beeindruckt. Auf dem ausgesetzten Grat setzt er plötzlich zu einem Überholmanöver an. Nun ist volle Konzentration gefragt! Zügig geht es vorbei an der 5-köpfigen Seilschaft … und über meine „Zitterstelle“ hinweg. Ich bin so fokussiert, dass mir keine Zeit mehr bleibt für wackelige Knie und Herzklopfen. Die ganze Aufregung im Vorfeld – umsonst! :-)

Es gibt nur: GENAU JETZT!

„Entscheidend ist das Hier und Jetzt! Mach’ Dir weniger Gedanken!“ … das war die Lektion, die ich an diesem Tag vom Berg mitgenommen habe (abgesehen von vielen wunderbaren Eindrücken♥). Und die gilt nicht nur fürs Bergsteigen! Auch beim Reden tauchen immer wieder solche Schlüsselmomente auf: Momente, in denen Ihr Hirn sich in den schillerndsten Farben ausmalt, was alles passieren könnte: „Wie gehe ich damit um, wenn Kollege Meier mich zu dem Thema XY löchert, zu dem ich nicht viel sagen kann?!“, „Was mache ich nur, wenn die Zuhörer mich in der Luft zerreißen?“, „Oh Gott, und wenn mir die Stimme wegbleibt?“ Mit dem Ergebnis, dass meist nichts von alledem eintritt.

Sapperlot, verschwendete Energie und Lebensfreude ist das!

Kirre machen gilt nicht!

Was halten Sie davon, beim nächsten Mal ganz bewusst die Stopp-Taste zu drücken, wenn Sie von derartigen Negativszenarien überrollt werden? Sicherlich ist das manchmal leichter gesagt als getan, doch die 3,2,1-Ommm-Entspannung, der Redemut zum Mitnehmen und diese fünf Fragen helfen Ihnen, der Grübelei ein Schnippchen zu schlagen:

  • Welchen Mehrwert liefere ich meinen Zuhörern?
  • Welches Problem löse ich für die Menschen, mit denen ich zu tun habe?
  • Inwiefern kann das Publikum von meiner Erfahrung profitieren?
  • Was treibt mich an, über dieses Thema zu sprechen?
  • Welche positiven Rückmeldungen habe ich in der Vergangenheit bekommen?

Sobald Sie klar vor Augen haben, für was Sie stehen und wo Ihre Stärken liegen, nehmen Sie Druck aus der Situation. Mit dieser neuen Gelassenheit machen Sie nicht nur sich selbst, sondern auch Ihren Zuhörern das Leben leichter:

  • Sie können sich auf das Wesentliche konzentrieren: Ihren Auftritt! Ist Ihr Geist nicht mehr so sehr damit beschäftigt, Horrorszenarien zu kreieren, kommen die richtigen Impulse  und guten Ideen fast von alleine. Da die Sache obendrein deutlich mehr Spaß macht, sind Sie in der Lage, wirklich das Beste aus sich und Ihrem Thema rauszuholen.
  • Sie reduzieren die Gefahr einer selbsterfüllenden Prophezeiung: Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Je intensiver Sie sich einreden, dass bestimmte Dinge passieren, desto wahrscheinlicher werden unerwünschte Zwischenfälle. #bessernicht ;-)
  • Sie sprechen entspannter. Wenn Sie mit einer positiven Grundhaltung auf die Bühne gehen, wirkt sich das automatisch auf Ihre Stimme und Sprechgeschwindigkeit aus. Sie klingen weniger gepresst, finden eher die passende Stimmhöhe und kommen insgesamt ruhiger rüber. Die Teilnehmer werden Ihnen gerne zuhören und länger bei der Stange bleiben.
  • Sie bauen leichter Kontakt zu Ihrem Publikum auf. Solange Sie damit beschäftigt sind, sich Sorgen zu machen, haben Sie nur sich selbst im Blick. Da bleibt wenig Platz, um sich wirklich auf Ihre Zuhörer einzulassen. Konzentrieren Sie sich lieber auf den Moment – mit Neugier, Vertrauen und Gespür für die Menschen um Sie herum. So haben Sie die Möglichkeit, wirklich wahrzunehmen, was IST und im Fall der Fälle angemessen zu reagieren. Jetzt!