Im Seminar oder in Veranstaltungen erlebe ich es immer wieder: Da erzählt mir jemand eben noch mit leuchtenden Augen von seinem Business, wir unterhalten uns total nett und locker flockig. Aber fünf Minuten später erkenne ich denjenigen kaum wieder. Plötzlich steht da ein farbloser Redner, der steif und irgendwie gestelzt an das Publikum hinredet. Wo ist nur die Lebendigkeit? – Sie ist beim Schritt von der „normalen Welt“ auf die Bühne im Seriositätsvorhang hängengeblieben.
Bestimmt haben Sie auch schon mal gemerkt, dass Sie bei Ihrem Auftritt gar nicht richtig Sie selbst waren, weil Sie kurz in eine neue, vermeintlich professionellere Rolle geschlüpft sind? Genau dafür ist der Seriositätsvorhang verantwortlich, den viele Redner durchschreiten, wenn sie eine Bühne betreten.
Wieso schalte ich überhaupt in den Ich-bin-jetzt-seriös-Modus?
Von unserem eigentlichen „Ich“ verabschieden wir uns immer dann, wenn wir unsicher sind und einen möglichst guten Eindruck hinterlassen wollen. Kompetent soll unser Vortrag bitteschön wirken und professionell sowieso. Dabei verlassen wir uns auf das, was uns oft jahrelang antrainiert wurde. Nach dem Motto „das macht man halt so“ sprechen wir zum Beispiel plötzlich total gewählt, vertuschen unseren Dialekt, stehen kerzengerade da, verkneifen uns ein Lachen bei Businessthemen oder oder oder …
Wir hoffen: Wenn wir all diese Regeln befolgen, werden wir schon irgendwie gut rüberkommen! Leider stellen wir uns so aber selbst ein Bein. Wir sind nicht echt, und das merkt auch unser Publikum.
Drei Gründe, warum Sie den Seriositätsvorhang gar nicht brauchen:
- Wenn Sie mit Ihren Zuhörern wie mit Freunden plaudern und sich nicht hinter einer ach so seriösen Maske verstecken, bauen Sie ruckzuck eine Brücke zu Ihrem Gegenüber. Die Menschen vertrauen Ihnen eher. Ihre Glaubwürdigkeit steigt.
- Sobald Sie aufhören, ständig darüber nachzudenken, wie Sie stehen, was Sie am besten mit Ihren Händen anstellen und wie Ihre Mimik wirkt, können Sie sich voll und ganz auf das Wesentliche konzentrieren – Ihre Botschaft. Sie fühlen sich nicht nur besser und entspannter, sondern argumentieren auch überzeugender.
- Echt bleiben, heißt: Sie transportieren Emotionen! Zum Beispiel wenn Sie Anekdoten in Ihre Präsentation einbauen oder berichten, was Sie selbst erlebt haben. Die Gefahr, in blutleeres Business-Worthülsen-Deutsch zu verfallen, ist so wesentlich geringer. Stattdessen hauchen Sie Ihrem Thema Leben ein und erreichen Ihre Zuhörer viel schneller.
Aber erwartet das Publikum nicht doch einen seriösen Auftritt?
Die Zuschauer haben den Anspruch, dass Sie sich vorbereitet haben und nützliche Inhalte transportieren. Kein Mensch will, dass Sie sich in ein Raster pressen. Ganz im Gegenteil: Ihr Publikum möchte wissen, mit wem es zu tun hat! Je mehr Sie von sich zeigen, desto greifbarer werden Sie und desto eher wird man Ihnen folgen. Außerdem freut sich Ihr Gegenüber, wenn er es mit einem ganz normalen Menschen zu tun hat. Einem wie Du und ich hört man viel lieber zu als einem glatten Redner, der eine Rolle spielt.