Hand auf’s Herz, wann haben Sie Ihren Zuhörern das letzte Mal in die Augen geschaut? Ich meine … so richtig. Ganz bewusst. Nicht nur dieser schweifende Blick einmal quer durch den Raum, der im besten Fall noch die erste Reihe einbezieht und bereits bei Gruppen ab 15 Personen nur allzu häufig vorkommt. Was bei 1:1-Gesprächen und Vorträgen im kleinen Rahmen meistens noch einfach ist, gestaltet sich in größeren Runden häufig deutlich schwieriger.
Schon zu meiner Zeit in der Bank habe ich vor vielen Menschen gesprochen. Ich war mit Freude dabei! Trotzdem hatte ich immer wieder das Gefühl, einfach nur meine Inhalte abzuliefern und gar nicht richtig in Kontakt mit den Zuhörern zu sein. Bis zu dem Tag, als ich mich bei einem Vortrag vor 400 Kunden dazu entschieden habe, einzelnen Gästen direkt ins Gesicht zu sehen – einen kleinen Tick länger, als man es während einer Präsentation normalerweise tut. Plötzlich war da eine ganz andere Energie!
Zugegeben, diese Nähe kann erst mal ungewohnt sein. Gerade wenn Sie sich sehr auf Ihre Inhalte und Ihre „Performance“ konzentrieren, lenkt sie anfangs vielleicht sogar ein bisschen ab. Dennoch macht es Sinn, echten Augenkontakt mit Ihren Zuhörern aufzubauen und sich von Wischiwaschi-Blicken im Schnelldurchlauf zu verabschieden:
- Sie reduzieren Ihr Lampenfieber! Größere Gruppen flößen Ihnen Angst ein? Weil Ihnen das Publikum als unbekannte Masse und irgendwie bedrohlich erscheint? Indem Sie sich bewusst auf einzelne Personen konzentrieren, führen Sie gefühlsmäßig lauter Vieraugengespräche, wie unter Freunden oder Kollegen. So lässt sich Schritt für Schritt die undefinierbare Menge in viele 1:1-Kontakte zerlegen und der Stress in Leichtigkeit verwandeln. Falls Sie Bedenken haben, diejenigen zu verlieren, die Sie nicht direkt anschauen können: keine Sorge! Sehen Sie einer Person tiefer in die Augen, werden sich die Nachbarn rechts und links ebenfalls angesprochen fühlen.
- Sie verbinden sich mit Ihrer Zuhörerschaft! Sobald Sie Blickkontakt herstellen, reden Sie nicht mehr an die Menschen hin. Sie kommunizieren MIT Ihrem Publikum. Das macht einen Riesenunterschied, denn so begegnen Sie sich im wahrsten Sinne des Wortes auf Augenhöhe. Sie sind nahbar und schaffen Vertrauen. Die Folge: Das Publikum ist offener für Ihre Ideen und wird Ihnen eher folgen.
- Sie nehmen die Zuhörer wirklich wahr! Mit einem flüchtigen Blick können Sie vielleicht die Grundstimmung in einem Raum erfassen. Ob die Teilnehmer aber wirklich bei Ihnen sind, merken Sie erst, wenn Sie genauer hingucken. Sind sie müde oder interessiert? Aufgeschlossen oder eher skeptisch? Präsent oder abwesend? Jetzt haben Sie Gelegenheit, auf die Gruppe zu reagieren und damit Ihren Vortrag zu einem echten Erfolg zu machen. Aber Achtung, lassen Sie sich bitte nicht zu sehr von dem griesgrämig dreinschauenden Kandidaten in der ersten Reihe irritieren. ;-)
- Sie geben Ihren Worten mehr Gewicht! „Why aren’t our words as valuable as fine wine?“ – der amerikanische Stand-up-Comedian, Lee Glickstein, vergleicht unsere Redebeiträge mit dem Moment, wenn wir einen guten Wein ausschenken: Den schütten wir schließlich auch nicht ziellos über den Tisch. Stattdessen sehen Sie Ihr Gegenüber an, nehmen Blickkontakt auf, schenken behutsam ein … und gehen dann weiter zum nächsten. Mit offenen Augen und einer ordentlichen Portion Gespür. Sie sind bewusst im Moment. Genau diese Präsenz ist es, von der auch Ihre Auftritte profitieren!