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In Zeiten, in denen gefühlt kein Stein mehr auf dem alten bleibt, brauchen die Menschen, mit denen Sie als Führungskraft, Unternehmer*in oder Dienstleister*in kommunizieren, vor allem eines: Sicherheit. Dabei ist es oft gar nicht so einfach, die richtigen Worte zu finden. Sei es, weil uns im Umgang mit Extremsituationen die Übung fehlt oder weil wir selbst gerade emotional „angeschlagen“ sind.

Ihre Krisenkommunikation – sprachlich und menschlich clever!

Wie gelingt es Ihnen trotzdem, im Gespräch mit Ihrem Mitarbeiter, Ihrer Kundin oder dem Geschäftspartner den so nötigen Halt zu vermitteln? Welche kommunikativen Verhaltensmuster sind förderlich und welche sorgen beim Gegenüber für Widerstand? Mit Blick auf diese Fragen habe ich meine Erlebnisse und Beobachtungen der letzten Wochen Revue passieren lassen. Herausgekommen sind sieben Impulse. Impulse, die als Mutmacher gedacht sind und Sie stärken sollen für die Kommunikation in einer Zeit, in der die Welt Kopf steht.

Zum Hören …


… oder zum Lesen:

1. SEI EHRLICH!

Dass Lügen tabu sind, ist eh klar. Aber auch eine gezielte Verschleierungstaktik ist keine gute Idee. Insbesondere in kritischen Momenten kann die Versuchung groß sein, die eigene Botschaft in rosa Watte zu packen. Da werden Sachverhalte beschönigt, Details weggelassen oder Dinge so gedreht, wie man sie gerade braucht, um möglichst nicht anzuecken. Bitte denken Sie gar nicht erst daran! Selbst wenn Sie in bester Absicht handeln und Ihre Empfänger schonen wollen. Die Menschen, mit denen Sie zu tun haben, erwarten, dass sie offen und vollständig informiert werden … und sie haben sehr feine Antennen. Wenn irgendetwas nicht stimmt, werden sie das früher oder später merken. Fliegt die Schönfärberei auf, ist das Vertrauen oft ein für alle Mal weg. Schließlich lässt sich niemand gerne veräppeln.

Damit Sie gar nicht erst in die „Mauschelfalle“ tappen, hilft es, sich bei der Vorbereitung auf ein Gespräch/einen Vortrag ganz bewusst zu beobachten: Gibt es Formulierungen, über die Sie immer wieder stolpern und an denen Sie länger als gewöhnlich basteln, weil Sie den eigentlichen Sachverhalt so gut wie möglich kaschieren ähm verpacken wollen? Dann ist eindeutig Gefahr im Verzug.

 

2. SEI KLAR!

In der Krise sind glasklare Entscheidungen wichtiger denn je. Reden Sie deshalb bitte Tacheles und werden Sie so konkret wie möglich: Wie ist der Stand der Dinge? Welche weiteren Schritte sind geplant? Was bedeutet das für die Menschen, mit denen Sie sprechen? – Ohne Herumeierei! Das gilt auch und besonders dann, wenn Sie schlechte Nachrichten überbringen müssen.

Sie zögern innerlich und denken, dass Sie das nicht bringen können? Doch, können Sie! Klare Worte machen die ohnehin schon turbulente Situation für Ihr Gegenüber planbar(er) und geben Halt. So unerfreulich die Botschaft sein mag, noch schlimmer ist es, im Nebel herumzutappen. Es ist die Ungewissheit, die kirre macht. Sobald Fakten auf dem Tisch liegen, hat Ihr Gegenüber die Chance, sich darauf einzustellen und ins Handeln zu kommen. Sie können noch nicht abschätzen, wie sich die Lage weiterentwickelt? Teilen Sie ruhig mit Ihren Gesprächspartnern, dass die Situation auch für Sie völlig neu ist. Kommunizieren Sie, was heute zählt und liefern Sie Updates, wenn Sie mehr wissen.

Wichtig: Die Voraussetzung für diese äußere Klarheit ist Ihre innere Klarheit – Ihre Haltung. In welcher Rolle sprechen Sie? Für was stehen Sie? Warum handeln Sie, wie Sie handeln? Was wollen Sie erreichen? Sobald Sie die Antworten auf diese Fragen verinnerlicht haben, fällt es Ihnen leichter auf den Punkt zu kommen und Ihre Botschaft überzeugend zu transportieren.

 

3. SEI PRÄSENT!

Unangenehme Nachrichten oder Gespräche werden gerne hinausgezögert. Weil Sie selbst nicht sicher sind, was Sie sagen sollen. Weil Sie hoffen, dass sich das Problem irgendwie von alleine löst. Oder weil Ihnen schlicht und einfach der Mut fehlt. In den meisten Fällen macht es die Sache aber eher schlimmer, wenn sich Kunden, Geschäftspartner oder Mitarbeiter mit ihren Fragen, Sorgen und Nöten alleine gelassen fühlen. Stecken Sie den Kopf also bitte nicht in den Sand, sondern zeigen Sie sich! So schnell wie möglich und so regelmäßig wie nötig. Nun weiß der andere, dass Sie sich kümmern und er/sie auch in stürmischen Zeiten auf Sie zählen kann. „Gemeinsam durch die Krise!“ ist dann nicht nur leeres Marketing-Blabla, sondern gelebte Realität. Damit schaffen Sie die besten Voraussetzungen für ein vertrauensvolles Miteinander – sowohl in der aktuellen Situation als auch über die Krise hinaus.

 

4. SEI EMPATHISCH!

Gerade wenn die Nerven auf beiden Seiten blank liegen, ist Fingerspitzengefühl gefragt. Dafür lohnt es sich, immer wieder die Perspektive zu wechseln und zu schauen, wie es dem anderen gerade geht: Was treibt sie/ihn um? Was hält ihn/sie tagsüber auf Trab und nachts vom Schlaf ab? Was fehlt meinem Gegenüber im Augenblick? Wie kann ich das in meiner Botschaft berücksichtigen? Allein die Tatsache, dass Sie sich diese Gedanken gemacht haben, steigert die Chance, die passenden Worte und einen angemessenen Ton zu finden. Sie neigen dazu, sich emotional so tief hineinziehen zu lassen, dass dabei Ihre Ehrlichkeit und Klarheit unter die Räder kommen? Bitte denken Sie daran: Mitgefühl ist ausdrücklich erwünscht; Mitleid hingegen hilft weder Ihnen noch dem anderen!

 

5. SEI MENSCHLICH!

In der Krisenkommunikation sind Sie ganz besonders gefordert, eine Brücke zu Ihrem Gegenüber zu bauen. Am schnellsten gelingt Ihnen das, wenn Sie nicht nur Ihr geschäftliches ICH zeigen, sondern sich auch als Mensch greifbar machen. Mit den üblichen Plattitüden in der Businesskommunikation wird das allerdings schwierig! Sie möchten nahbarer rüberkommen? Dann helfen Ihnen die beiden folgenden sprachlichen Kniffe auf dem Weg zu mehr persönlicher Note:

Erstens: Sie sagen Substantivmonstern den Kampf an und nutzen mehr Verben. Aus „Die Pandemie hat zu erheblichen Unsicherheiten geführt und stellt die Welt vor große Herausforderungen“ wird dann zum Beispiel „Die Pandemie hat dazu geführt, dass wir uns unsicher fühlen und jeder von uns stark gefordert ist“. Merken Sie den Unterschied?

Zweitens: Sie verzichten konsequent auf Worthülsen à la „Wir werden weiterhin mit der Kreativität, Agilität und dem Unternehmergeist handeln, die unsere Kultur kennzeichnen!“. Puh, solche Pauschalaussagen sorgen weder für Bilder noch Gefühle bei Ihren Gesprächspartnern … und verpuffen. Werden Sie stattdessen konkret und vermitteln Sie anhand von Beispielen, was Sie unter Kreativität, Agilität und Unternehmergeist verstehen. Wenn Sie beispielsweise Ihre Gesprächspartner an einem neuen Projekt teilhaben lassen und zeigen, was Ihr Team gerade auf die Beine stellt, werden aus nüchternen Worten Storys, die wirklich in Erinnerung bleiben.

 

6. SEI POSITIV!

Nein, Sie brauchen die Krise nicht als Chance zu romantisieren. Hier geht es im Ihre Wortwahl! Machen Sie sich bewusst, welche Formulierungen Sie wählen.

Da unser Gehirn zum Beispiel weder „nicht“ noch „kein“ kennt, sagen Sie statt „Verfallen Sie jetzt bloß nicht in blinden Aktionismus!“ lieber „Jetzt gilt es, besonnen zu agieren!“…. oder statt „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen!“ wählen Sie besser „Bewahren Sie Ruhe!“. Abgesehen davon, dass Ihr Gegenüber direkt weiß, was zu tun ist, liegt der Fokus nun auf „besonnen“ und „Ruhe“. Damit nehmen Sie sprachlich Druck aus der Situation.

Das gelingt Ihnen übrigens auch, wenn Sie auf das derzeit so stark verbreitete Kriegsvokabular verzichten: „das Virus greift an!“, „die Schlacht gegen das Virus“, „der Kampf an vielen Fronten“. Die Zeitungen sind voll damit; vertrauensfördernd ist das aber nicht.

 

7. SEI NACH VORNE GERICHTET!

Viele Menschen neigen dazu, bei auftretenden Problemen erst einmal zu begründen, warum etwas so ist, wie es ist und machen sich direkt auf die Suche nach Schuldigen. Denken Sie nur mal an eine ganz normale Reklamation, also eine Krise im kleinen Rahmen. Nehmen wir an, Sie warten auf ein wichtiges Schreiben Ihrer Krankenversicherung und rufen Ihren Ansprechpartner an. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass dem „Bitte entschuldigen Sie …“ direkt ein Grund für die Verzögerung hinterhergeschoben wird: „Ich habe noch auf die Rückmeldung eines Kollegen gewartet.“, „Ich war gestern nicht im Haus.“, „Die Technik ist ausgefallen.“, … Das ist gut gemeint, aber ganz ehrlich: Interessiert Sie das? Entscheidend ist doch unterm Strich nur, dass die wichtige Post bald bei Ihnen ist! Ein simples „Mensch, das tut mir leid! Ich kümmere mich gleich noch einmal darum. Das Schreiben geht heute raus.“ hätte es auch getan.

Was bedeutet das für Ihre Krisenkommunikation? Legen Sie den Fokus auf die Ist-Situation und sprechen Sie darüber, was Sie geplant haben. Natürlich lassen sich ganz schnell jede Menge Gründe und Schuldige für die derzeitige Misere finden. Aber das, was im Moment wirklich zählt und Ihre Gesprächspartner/Zuhörer interessiert, ist nicht die Ursachenforschung, sondern der Blick nach vorne: Wie gehen wir mit der Situation um? Was gilt es zu tun oder zu lassen? Wie sehen konkrete Lösungen oder Schritte aus?

 

Keine Frage, viele Gespräche und Auftritte sind gerade extrem fordernd. Aber: Schweigen ist keine Option! Unser aller Redemut ist mehr gefragt denn je – um Orientierung zu bieten und Vertrauen aufzubauen. Jetzt, aber ganz bestimmt auch in ein paar Wochen, wenn es darum geht, zu einer neuen Normalität zurückzufinden.

 

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