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Ein Samstagmorgen. Du brauchst eine neue Jeans und machst dich auf den Weg zu deinem Lieblingsgeschäft. Kaum hast du den Laden betreten, begrüßt dich eine freundliche Verkäuferin: „Schön, dass du den Weg zu uns gefunden hast! Herzlich willkommen im größten Bekleidungsfachgeschäft in der Region. Wir haben fünf Filialen in drei Orten, beschäftigen 150 Mitarbeiter und sind seit 1965 ein familiengeführtes Unternehmen. Qualität, Kundenzufriedenheit und Nachhaltigkeit sind unsere wichtigsten Werte. Unser Umsatz liegt im letzten Quartal bei …“

Puh, wahrscheinlich wärst du ganz schön irritiert und würdest auf dem Absatz kehrtmachen.

Wir über uns …

So verrückt sich das liest, im geschäftlichen Vortragsalltag sind solche Begrüßungen nicht ungewöhnlich: Beginnt doch das Gros der Pitch- und Produktpräsentationen mit einer Vorstellungsfolie, die exakt die eben genannten Punkte abdeckt. Unter Überschriften wie „Wir über uns“, „Firma XY auf einen Blick“ oder einfach „Der Konzern“ wird in den ersten Vortragsminuten erörtert, wo das Unternehmen überall zu finden ist, wie viele Beschäftigte es hat, welche Werte es vertritt, welche Umsätze es zu verzeichnen hat, …

Interesse am Gegenüber und Bezug zu seinem oder ihrem Anliegen? Fehlanzeige. Nicht aus bösem Willen, sondern aus Gewohnheit – „das macht man halt so!“.

Natürlich sollst du dich und dein Angebot beim Präsentieren ins recht Licht rücken. Die Standard-Lobhudelei gleich zu Beginn hat allerdings folgenden Haken: Abgesehen davon, dass sich viele Vortragende damit selbst reichlich unwohl fühlen, reißt das mechanische Herunterrattern von Erfolgszahlen, -daten und -fakten auch dein Publikum nicht mit.

Die Menschen, mit denen du zu tun hast, möchten nicht mit Wir-sind-so toll-Informationen überhäuft werden. Sie wollen mit ihren Wünschen, Sorgen und Themen wahrgenommen und verstanden werden.

Verbindung herstellen statt ich, ich, ich!

Was hältst du also davon, die klassische Vorstellungsfolie beim nächsten Mal links liegen zu lassen, den Spieß umzudrehen und den Scheinwerfer im ersten Schritt nicht auf dich zu richten, sondern auf deine Gesprächspartner? Zum Beispiel so:

 

1. Bevor du über dich sprichst, lieferst du eine schlüssige Antwort auf die Frage: „Was geht mich das heute an?“.

Mit einer gewissen Skepsis darfst du immer rechnen, ob ausgesprochen oder unausgesprochen. Je schneller es dir gelingt, deine Zuhörer ins Boot zu holen und zu zeigen, dass deine Botschaften für sie relevant sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie dir gedanklich folgen. Am besten hast du dafür im Vorfeld schon gut recherchiert und weißt, wo der Schuh drückt. So kannst du wunderbar auf die aktuellen Schmerzpunkte eingehen und glasklar kommunizieren, welchen Mehrwert das Publikum von dir erwarten darf. Bewährt haben sich an dieser Stelle drei knackige Botschaften, die exakt auf die Bedürfnisse deiner Gegenüber einzahlen und damit gleich von Anfang an Lust auf mehr machen. Frei nach dem Motto: „It’s not about you. It’s about them.“

Wissen deine Zuhörer erst einmal, wie du sie bei ihren Herausforderungen unterstützen kannst, macht es freilich Sinn, anschließend noch stichhaltige Punkte aufzuführen, warum sie gerade dir, deiner Expertise und deinem Unternehmen vertrauen dürfen. Mit Bildern und Geschichten bleibst du dabei besonders gut in Erinnerung. Du wirst merken, dass dir eine Selbstvorstellung unter diesen Vorzeichen viel leichter und selbstverständlicher über die Lippen geht. Weil es kein Trommeln um des Trommelns willen ist, sondern weil du jetzt in der Lage bist, einen konkreten Bezug zu den Wünschen und Bedürfnissen deiner Gegenüber herzustellen.

 

Du kennst dein Publikum nicht gut genug, um prägnante Mehrwerte zu formulieren oder hattest keine Chance, dich intensiv auf deinen Auftritt vorzubereiten? Dann kommt die zweite Variante zum Einsatz. Dass sie eher die Ausnahme als die Regel sein sollte, liegt auf der Hand. ;-)

 

2. Bevor du über dich sprichst, klärst du, wo deine Gesprächspartner im Augenblick stehen.

Falls ihr schon einmal einen gemeinsamen Termin hattet, bietet es sich an, dass du dich darauf beziehst, die damaligen Eckpunkte zusammenfasst und nachhakst, was in der Zwischenzeit passiert ist. Welche Aspekte sind unverändert? Welche neuen Rahmenbedingungen sind dazugekommen, die möglicherweise berücksichtig werden dürfen?

Ist der Kontakt ganz frisch und dein Gegenüber ein unbeschriebenes Blatt, kann eine leere Platzhalterfolie mit einer bewusst formulierten Frage ein Einstiegs-Hingucker sein: „Beim Thema XY … wie sind Sie da aufgestellt? Welche Herausforderungen erleben Sie? Was treibt Sie um?“

Statt dich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, zeigst du durch deine Fragen Interesse und gibst deinem Gegenüber Raum. Statt Informationen abzuladen, hörst du hin. So entwickelt sich schnell ein reger Austausch und du erfährst, was die Menschen wirklich bewegt. Beste Voraussetzungen für Gespräche mit Tiefgang anstelle von Marketing-Plattitüden.

„Über uns“-Folien neu denken

Vielleicht kostet es dich ein bisschen Mut, die gewohnten Präsentationspfade zu verlassen. Vielleicht triffst du auch auf Zuhörer, die überrascht sind, weil sie auf den altbekannten Berieselungsmodus eingestellt waren. Eines ist aber sicher: Wenn du dich traust, den Fokus erst einmal auf dein Publikum zu richten und die „Wir-über-uns-Folie“ gedanklich durch eine „Wir-für-dich-Folie“ zu ersetzen, wirst du im positiven Sinne aus der Reihe tanzen und in Erinnerung bleiben. Mit einem Auftritt, der Mehrwert liefert. Für alle Beteiligten.