Sie sind fester Bestandteil unseres (Berufs-)Lebens und gleichzeitig für viele Menschen die reinste Quälerei – Vorstellungsrunden. Nicht umsonst gehört mein Artikel Vom Herzklopfen in der Vorstellungsrunde zu den meistgelesenen Artikeln hier im Blog. Und auch in meinen Coachings höre ich es immer wieder: Diese Unsicherheit „wann bin ich dran“; die Blicke, die auf mich gerichtet sind; der Anspruch, gut zu performen – das fühlt sich einfach schrecklich an. Selbst routinierte Redner sind nicht vor diesem Vorstellungslampenfieber gefeit.
Besonders heikel ist die Kennenlernrunde im virtuellen Raum, da das gemeinsame Warmlaufen bei einer Tasse Kaffee oder einem kleinen Plausch vor Veranstaltungsbeginn entfällt und Online-Meetings damit zum sozialen Kaltstart werden.
Alles in allem also nicht gerade die besten Bedingungen für einen gelungen Auftakt zu Meetings, Workshops und Projektgruppen. Wenn so viel Bauchgrummeln im Raum ist, wie sollen Teilnehmer da wirklich offen aufeinander zugehen? Wie soll Vertrauen aufgebaut werden? Wie sollen Gruppen locker, entspannt und kreativ gemeinsam arbeiten?
Raus aus der Angst, rein ins Arbeitsvergnügen!
Als Moderatorin, Führungskraft oder Projektleiter hast du es in der Hand, von Anfang an Spannung rauszunehmen und eine Arbeitsumgebung zu schaffen, in der sich die meisten wohl(er)fühlen – zum Beispiel, indem du auf Vorstellungsrunden setzt, die die bekannten Muster brechen und den Teilnehmern die Möglichkeit geben, einigermaßen stressfrei anzukommen. Die folgenden fünf Methoden sind als Impulse gedacht, wie du das in der Praxis umsetzen kannst. Dass du dabei immer im Hinterkopf behältst, was zu dir, zur Gruppe und zum Thema passt, ist eh klar. ;-)
Fünf Ideen, die sich vom herkömmlichen „Schaulaufen“ abheben …
1. Ihr findet Gemeinsamkeiten.
Hierfür kleben alle Beteiligten zunächst einmal ihre Kamera mit einem farbigen Post-it ab, so dass eine kunterbunte Bildschirmansicht entsteht. Anschließend stellst du als Moderator Fragen, wie zum Beispiel „Wer von euch gehört zu den Frühaufstehern?“ oder „Wer von euch präsentiert mehr als viermal im Monat?“ oder „Wer von euch liebt Schokolade?“, … Alle die sich angesprochen fühlen, nehmen dann das Post-it von der Kamera und machen sich sichtbar. So geht der Fokus weg vom Einzelnen hin zur Gruppe und es entsteht ganz schnell eine „Ahhh, du auch …“-Atmosphäre. Dass dabei der eine oder andere Schmunzler nicht ausbleibt, liegt auf der Hand. Ob du den Fragen eher eine persönliche oder geschäftliche Note gibst, hängt vom Kontext ab. Wichtig ist nur, dass sie sich ganz schnell und eindeutig beantworten lassen. Damit die Energie erhalten bleibt, macht es Sinn, sich auf ca. sieben Fragen zu begrenzen und relativ flott vorzugehen.
Falls dir das Post-it-Kleben zu umständlich ist, kannst du übrigens auch Auswahlfragen stellen und dann die Teilnehmer bitten, mittels Fingerzeig deutlich zu machen, ob sie sich eher zu Team 1 oder Team 2 zählen, zum Beispiel: „Bist du Kaffeetrinker oder bevorzugst du Tee?“, „Bist du Kreativchaot oder strukturierte Planerin?“, …
2. Du lässt dein Publikum zeichnen.
Das ist eine wunderbare Möglichkeit, die Teilnehmer gleich zu Beginn ins Tun zu bringen und dadurch die Anfangsspannung zu unterbrechen. Im Rahmen der Hashtag-Übung bittest du die Gegenüber an den anderen Bildschirmen zu Papier und Stift zu greifen und innerhalb von ein bis zwei Minuten einen Begriff zu visualisieren, der etwas mit eurem Thema zu tun hat, beispielsweise so: „Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer, welches Schlagwort kommt euch in den Sinn, wenn ihr an gelungene Teamarbeit denkt? Bitte skizziert dieses mit ein paar einfachen Strichen, zum Beispiel in Form einer Sprechblase, wenn ihr an funktionierende Kommunikation denkt.“ Anschließend zeigen alle nacheinander ihr Ergebnis und kommentieren es kurz. Du wirst sehen, schon beim Zeichnen lockert sich die Stimmung merkbar, da die Teilnehmer nicht mehr nur mit ihrem Kopfkino beschäftigt sind und starr auf ihren Einsatz warten. So geht dann auch der Austausch gleich viel leichter von der Hand!
3. Ihr kommt mit der 3-Wort-Vorstellung auf den Punkt – kurz, knackig, einfach.
Das ist eine prima Alternative zu langatmigen Laberrunden, die nicht nur den „Ich muss mich hier von meiner besten Seite zeigen“-Stress rausnimmt, sondern auch noch Zeit spart. Den Themenbereich für diese flotte Vorstellungsrunde definierst du als Moderatorin. Er kann von „Wie geht es dir gerade?“ über „Welche drei Punkte waren bei unserem letzten Treffen besonders wichtig für dich?“ bis hin zu „Was macht dich als Persönlichkeit aus?“ reichen. Einzige Vorgabe: erlaubt sind nur drei Worte! Dank deiner klaren Vorgaben, sorgst du für einen sicheren Rahmen. Sollte jemand ausschweifend werden, darfst du ihn oder sie gleich freundlich ausbremsen.
Falls dir drei Worte doch ein bisschen zu wenig sind, kannst du diese Runde auch auf drei Sätze ausweiten: „Bitte nenn deinen Namen. Sag aus welcher Abteilung du kommst und verrate uns, was deine wichtigste Frage ist, auf die du heute eine Antwort bekommen möchtest.“ So erfährst du, was du wissen möchtest … und deine Gegenüber haben dennoch ein klares Setting und keinen Stress, von jetzt auf gleich eine wirkungsvolle Freestyle-Vorstellung aus der Hüfte zu zaubern.
4. Du planst Kennenlerngespräche in Breakout-Rooms ein.
Was hältst du davon, die Teilnehmer nach einer kurzen Begrüßung in 2er-Grüppchen aufzuteilen und ihnen die Gelegenheit zu geben, sich erst einmal in kleiner Runde (Dauer: ca. 5 Minuten) zu beschnuppern? Ob du feste Themen vorgibst oder den Austausch einfach laufen lässt, liegt in deiner Hand. Zurück im Plenum bietet es sich an, dass sich die Paare dann jeweils gegenseitig vorstellen. Der Vorteil dabei: Es ist sooo viel einfacher und angenehmer, über eine andere Person zu sprechen als über sich selbst.
5. Du überdenkst den Zeitpunkt für deine Vorstellungsrunde.
In vielen Meetings werden die Leute gleich am Anfang ins kalte Wasser geschmissen. Noch bevor sie richtig im virtuellen Raum angekommen sind und einmal durchatmen konnten, stehen sie schon auf dem Präsentierteller. Dass das bei dem einen oder der anderen für Herzklopfen sorgt, ist nicht verwunderlich. Oft hilft es schon, wenn du den Vorstellungspart ein bisschen nach hinten schiebst und als Moderator konsequent die ersten Redeminuten übernimmst, um eine positive Stimmung im Raum zu erzeugen. So kannst du zum Beispiel mit einer Anekdote einsteigen, den Rahmen des Meetings abstecken, die Art der Zusammenarbeit klären und vielleicht sogar schon ersten fachlichen Input liefern, bevor du in die Vorstellungsrunde startest. Denn wenn ihr erst einmal gemeinsam gelacht oder euch zumindest gegenseitig wahrgenommen habt, ist die Hürde, sich selbst zu präsentieren, deutlich kleiner.
Jetzt bist du dran!
Welche Methode hat dir spontan am besten gefallen? Welche Idee wirst du bei deinem nächsten virtuellen Meeting direkt einmal ausprobieren? Ganz gleich für welche Variante du dich entscheidest, du wirst ganz bestimmt mit einer entspannteren Gruppe belohnt, die mit mehr Freude und Leichtigkeit bei der Sache ist. Positiver Nebeneffekt: Die Ideen 1 bis 4 sorgen dafür, dass auch du als Moderator lockerer wirst und gut in deine Rolle hineinkommst, da du nicht als Alleinunterhalter unterwegs bist, sondern direkt mit deiner Gruppe interagierst.
PS: Übrigens, alle Methoden lassen sich auch wunderbar vom virtuellen Raum in ein Präsenzmeeting übertragen. Viel Freude beim Ausprobieren!