© Gitte Härter

© Gitte Härter

Ein Neujahrsempfang. Obwohl die Teilnehmer gerade von ihrem Chef ehrlich gelobt wurden, blickt der erste Referent in wenig motivierte Gesichter. Sein Vortrag ist spannend. Trotzdem will kein Leben in die Runde kommen. Plötzlich hält er inne. Mit einem Augenzwinkern sagt er ganz ruhig und trocken: „ Also, Sie waren ja richtig erfolgreich im letzten Jahr. Wenn Sie so schauen, wenn Sie glücklich sind, dann möchte ich nicht wissen, wie es ist, wenn Sie unglücklich sind.“

Boom, das saß. Da hat einer gesagt, was er denkt. Freundlich, aber direkt. Und es hat gewirkt: Nach einer kurzen allgemeinen Schockstarre fingen die Teilnehmer an, über sich selbst zu schmunzeln – das Eis war gebrochen.

Das kann ich doch nicht bringen?

Immer wieder gibt es in Vorträgen oder Gesprächen Momente, in denen wir merken, dass die Stimmung merkwürdig ist. In denen wir uns ärgern. Oder irgendwie irritiert sind, weil unser Gegenüber anders reagiert, als wir es erwarten. Jetzt aber Hand auf’s Herz: Wie oft haben Sie heruntergeschluckt, was Ihnen da so durch den Kopf ging?

Auch wenn wir uns vorgenommen haben, nichts in uns hineinzufressen – im Fall der Fälle verlässt uns gerne mal der Mut: Vielleicht wollen Sie höflich sein, um die oberflächlich-harmonische Stimmung nicht zu gefährden. Vielleicht denken Sie, dass man gewisse Dinge hinnehmen muss, nach dem Motto „Ist halt so. Machen wir das Beste daraus.“. Vielleicht haben Sie aber auch Schiss, wie Ihr Gegenüber reagiert: Schließlich kann so ein „Moment der Wahrheit“ ja auch bedeuten, dass der andere sich provoziert fühlt und zurückschießt.

Doch, Sie können!

Diese Gedanken sind total menschlich … und sicherlich ist es vernünftig, den Emotionen nicht immer und überall freien Lauf zu lassen. Können wir doch nur dann partnerschaftlich miteinander kommunizieren, wenn wir nicht auf Teufel komm raus die verbale Keule schwingen.

Dennoch lohnt es sich, häufiger mal mutig zu sein und anzusprechen, was Ihnen auf der Seele brennt – freundlich, aber bestimmt. Das tut nicht nur Ihnen gut, sondern auch Ihren Zuhörern:

  • Sie rütteln auf: Tacheles zu reden, ist wohl eine der wirkungsvollsten Methoden, um schnell mit den Zuhörern in Kontakt zu kommen. Sprechen Sie so offene Worte wie mein Vorredner bei besagtem Neujahrsempfang, merkt das Publikum sofort, dass etwas anders ist als sonst. Da traut sich jemand was! So wirken Sie selbstbewusst und machen neugierig auf das, was Sie sonst noch zu sagen haben. Mal ganz davon abgesehen, dass Sie auch nur dann etwas ändern können, wenn Sie die Karten auf den Tisch legen.
  • Sie werden greifbar: Ihre Zuhörer schätzen es, wenn Sie nicht herumlavieren. Freilich: Ehrliche, klare Ansagen sind im ersten Augenblick manchmal schmerzhaft. Unterm Strich wissen die Leute jedoch, wie Sie bei Ihnen dran sind. Das macht Sie glaubwürdig und hilft, Vertrauen aufzubauen.
  • Sie bleiben sich selbst treu: Sobald Sie direkt ansprechen, was Sie pikst, nehmen Sie Ihre eigenen Bedürfnisse ernst. Sie machen Ihren Gefühlen im positiven Sinne Luft. Das ist wunderbar, denn so staut sich auch nichts mehr auf: Sie reduzieren die Gefahr, früher oder später zu explodieren oder zu implodieren … und sich dann im schlimmsten Fall sogar im Ton zu vergreifen.

Möglicherweise überraschen Sie den einen oder anderen mit dieser ungewohnten Direktheit. Aber keine Sorge! Ihre Zuhörer und Gesprächspartner vertragen mehr als Sie denken. :-) Insbesondere wenn Sie niemanden persönlich angreifen und Ihre „Ansage“ charmant und wenn es zur Situation passt mit einem Schmunzeln oder einer Portion Humor verpacken.